Diagnostik und Therapie bei Nierentumoren
Gutartige Geschwülste der Niere sind selten. Meist handelt es sich bei Nierentumoren um bösartige Krebsformen (Karzinome), die unbehandelt das Leben durch Einwachsen in ihre Umgebung und durch die Bildung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) gefährden.
Geht ein solcher Tumor vom Nierenbecken aus, nennen wir es Nierenbecken-Karzinom. Am häufigsten ist das sog. Nierenzell-Karzinom, das im Nierengewebe selbst entsteht. Ein alter Name hierfür, den Ihr Arzt vielleicht noch gebraucht, ist Hypernephrom.
Männer erkranken hieran doppelt so häufig wie Frauen. Die meisten Patienten befinden sich bei der Feststellung der Erkrankung (Diagnose) zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr.
Ursache
Die Ursachen für die Entstehung der Erkrankung sind nicht genau bekannt. Man weiß, daß Raucher häufiger als Nichtraucher betroffen sind. Auch die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln erhöht das Risiko. Die Häufigkeit in den Industrienationen steigt an (z. Zt. etwa 9 Neuerkrankungen pro Jahr auf 100.000 Einwohner), sodaß man auch Schadstoffe verantwortlich machen kann. Im Gegensatz zu vielen anderen Krebserkrankungen ist kein Fehlverhalten bei der Ernährung (Schweinefleisch, Fett etc.) als Entstehungsursache bekannt, wie es auch keine Diät zu ihrer Verhinderung gibt. Übergewichtige Frauen werden aber häufiger betroffen.
Symptome
Das Nierenzell-Karzinom verursacht erst spät Beschwerden , die sich in Seiten- oder Flankenschmerzen, Blutbeimengungen im Urin und einer tastbaren Vorwölbung der Flanke äußern können. Aus diesem Grund wurden früher die meisten Erkrankungen spät erkannt, bei oft schon fortgeschrittenem Stadium. Heute wird die Diagnose oft zufällig durch eine Ultraschalluntersuchung gestellt, die aus einem ganz anderen Grunde durchgeführt wurde. Daher sieht man heute mehr Erkrankungen im Frühstadium, wenn sie noch heilbar sind.
Von den gesetzlichen Kassen bezahlte Vorsorgeuntersuchungen wie beim Prostata-Karzinom oder beim Gebärmutterhals-Karzinom gibt es nicht. Lassen sich sich daher bei Ihrem jährlichen Check up auch die Nieren mit Ultraschall untersuchen.
Untersuchung
Zur Feststellung eines Nierenzell-Karzinoms und seines Ausbreitungsstadiums sind neben der körperlichen Untersuchung verschiedene andere Untersuchungen möglich, die aber nicht immer alle erforderlich sind.
Eine Blutuntersuchung ist selbstverständlich. Bestimmte Veränderungen des Blutes sind für das Nierenzell-Karzinom typisch. Es gibt aber keinen sog. Tumormarker, der schon durch die Laboruntersuchung eine Erkrankung wahrscheinlich macht. Die Urinuntersuchung kann Blut im Urin nachweisen.

Die wichtigste ist die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) . Mit ihr lassen sich die meisten Nierentumoren mit ihrer Größe und Lage schon sicher erkennen. Auch Lymphknotenmetastasen lassen sich oft sonographisch darstellen. In einigen Fällen wird hierdurch eine Computertomographie entbehrlich. Nierentumore können Tumorzapfen ausbilden, die durch die Nierenvene bis in die große Hohlvene (V. cava) wachsen. Auch dies ist sonographisch und computertomographisch zu erkennen.
Wegen möglicher Metastasen ist eine Röntgenaufnahme der Lunge erforderlich. Eine Untersuchung des Knochenskelettes ( Skelettszintigraphie ) wird nur in bestimmten Fällen durchgeführt.
Durch die oben aufgeführten Untersuchungen kann ein Nierentumor so sicher festgestellt werden, daß im Gegensatz zu der Behandlung vieler anderer Tumore eine Gewebsprobe nicht erforderlich ist oder erst während der Operation durchgeführt wird. Gewebsproben vor der Operation können zu einer Tumoraussaat im sog. Stichkanal führen. Im Falle einer gutartigen Gewebsprobe ist man auch nicht sicher, ob nicht daneben noch bösartiges Gewebe besteht. Da auch große gutartige Tumore in der Regel durch Entfernung der ganzen Niere behandelt werden müssen, und kleine Karzinome unter Belassung der Niere entfernt werden (siehe unten), ist eine Gewebsprobe vor der Operation entbehrlich.
Behandlung

Die Operation ist die einzige zur Heilung führende Therapie des Nierenzell-Karzinoms.
Ist der Tumor groß, wird die ganze Niere mit ihrer Fettkapsel und den benachbarten Lymphknoten durch einen Bauchschnitt entfernt. Ein kleiner Tumor unter 4 cm Größe kann in den meisten Fällen unter Belassung der restlichen Niere durch einen sog. Flankenschnitt entfernt werden. Dieser Schnitt an der Körperseite unter den Rippen wird auch bei älteren oder sonst kranken Patienten durchgeführt. Die organerhaltende Chirurgie hat sich als sicher heilend erwiesen.
Eine laparoskopische Operation („Schlüssellochchirurgie“) ist möglich, bedarf aber auch eines Schnittes, um die Niere zu entfernen. Die Operation wird daher meist handassistiert durchgeführt. Die Vorteile für den Patienten müssen sich erst noch erweisen.
Die Operation dauert 1 - 2,5 Stunden und ist komplikationsarm. Eine Blutübertragung ist nur in wenigen Fällen nötig. In der Regel ist ein stationärer Aufenthalt von 10 Tagen erforderlich.
Bei einer gesunden Niere auf der Gegenseite ist die Lebensqualität später nicht eingeschränkt. Der Patient braucht seine Lebensführung nicht verändern . Eine Diät ist nicht nötig. Dies gilt natürlich erst recht, wenn auch die tumortragende Niere erhalten werden kann.
Wenn zum Zeitpunkt der Diagnosestellung schon Metastasen vorhanden sind, muß individuell von Arzt und Patient unter Berücksichtigung der weiteren Therapie entschieden werden, ob die Niere entfernt wird.
Treten später Tochtergeschwülste auf, sollten auch diese nach Möglichkeit operativ entfernt werden. Geschieht dies erst 5 Jahre oder später nach Entfernung der Niere, bestehen immer noch gute Aussichten auf eine Heilung. Treten die Metastasen früher auf, ist die Prognose (Heilungsaussicht) schlechter.
Bei fortgeschrittenen Tumoren kann – meist nach Nierenentfernung – eine Immunbehandlung erfolgen, die auch mit einer Chemotherapie kombiniert werden kann. Durch die Immunbehandlung (Interferon, Interleukin) werden die körpereigenen gegen den Tumor gerichteten Abwehrkräfte gezielt unterstützt. Eine alleinige Chemotherapie hat sich bisher als nicht so effektiv erwiesen. Auch die Bestrahlung ist als alleinige Behandlung wenig wirksam. Sie kann zur Therapie von Metastasen oder bei einem lokalen Rezidiv (Wiederauftreten des Tumors im Bereich der früheren Niere) angewendet werden.
Nachsorge
Zur Sicherung des Heilungserfolges und zur Behandlung möglicher Folgen der Therapie ist eine regelmäßige Kontrolle durch den Arzt erforderlich. Das Ausmaß und die Art der Untersuchungen sowie die Untersuchungsabstände sind nicht mehr schematisch vorgeschrieben, sondern sollten in Abstimmung mit der Klinik individuell gehandhabt werden.
Mit dem Einverständnis des Patienten können wir ihn in ein computergestütztes Nachsorgeprogramm unserer Urologischen Klinik des St. Elisabeth-Krankenhauses aufnehmen, das ihn an die jeweiligen Termine erinnert, an denen er seinen Arzt aufsuchen sollte.